Der „Black Friday“ gilt als Gipfel der Rabattschlachten. Er verspricht die besten Schnäppchen und lockt mit Sonderangeboten. Doch die Kritik am achtlosen Konsum wächst. Immer mehr Initiativen protestieren gegen den Konsumrausch am „Black Friday“ mit Gegenbewegungen. Der „Green Friday“ will das Prinzip umdrehen: Auch die Umwelt soll von der Kauflust profitieren. „Unser Konsum ist nicht nachhaltig – wir brauchen ein Umdenken. Die planetaren Grenzen lassen keine Alternative zu“, sagt Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. René Fahr von der Universität Paderborn.
Längst ist aus dem „schwarzen Freitag“ eine „schwarze Woche“ geworden. Um ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft zu setzen, rufen immer mehr Menschen in den sozialen Netzwerken unter dem Hashtag „#WhiteMonday“ dazu auf, Produkte zu reparieren oder recyceln, anstatt sie neu zu kaufen. Einen Schritt weiter geht der „Buy Nothing Day“ (Kauf-Nix-Tag), an dem kein Geld ausgegeben werden soll, um die Menschen für ein nachhaltigeres Kaufverhalten zu sensibilisieren. „Mit der Verbreitung solcher Konzepte entsteht bei den Konsument*innen Aufmerksamkeit für ein bewussteres Einkaufen“, so Fahr. Der „Black Friday“ funktioniere letztlich nach den gleichen Mechanismen: „Selbst wenn sich Konsument*innen vornehmen, immun dagegen zu sein, möchte man auch nicht der Dumme sein, der mehr für seine ohnehin geplanten Einkäufe zahlt, nur weil er nicht an diesem Tag shoppt.“
Grüner Konsum – Grünes Gewissen?
Vermehrt versuchen Initiativen zu zeigen, dass Konsum künftig anders aussehen kann. „Eine Abkehr von Gewohnheiten fällt jedoch immer schwer“, betont Fahr. „Da wir keinen Staat haben und wollen, der uns den erlaubten Konsum vorschreibt, ist es wichtig, Verbraucher*innen für einen verträglichen Konsum im Rahmen der Nachhaltigkeitsziele zu sensibilisieren“, so der Paderborner Wissenschaftler. Dabei stehen nicht allein die Konsument*innen in der Verantwortung: „Auch Unternehmen können durchaus erfolgreich sein, wenn sie vom schnellen, spontanen Konsum abraten und sich im Sinne einer Kreislaufwirtschaft für ein ressourcenschonendes Kaufverhalten einsetzen“, betont er. Dennoch: Entscheidend sei, ob viele mitmachen. „Einzelne Unternehmen bewirken hier keinen Umbruch. Ein nachhaltiges Kaufverhalten ist auf jeden Fall ein anderes, als das, was viele Menschen jetzt leben“, verdeutlicht der Wirtschaftswissenschaftler.
Die Gefahr des „Greenwashings“
Doch der grüne Anstrich hält nicht immer, was er verspricht. Denn die umweltbewusste und nachhaltige Darstellung von Unternehmen ist für Kund*innen oft nur wenig transparent: „Verbraucher*innen sollten sich fragen, ob Waren, die im Rahmen eines ‚Green Fridays‘ angeboten werden, auch wirklich nachhaltig sind und ob eine Aktion des Unternehmens nur eine Ausnahme bildet oder einen glaubwürdigen Willen zur Umorientierung signalisiert. Ein Unternehmen kann das Sortiment zwar nicht auf einen Schlag umstellen, aber dennoch ist ein singulär angebotenes nachhaltiges Produkt vermutlich eher ein ‚Greenwashing‘, also der Versuch, sich besonders ökologisch zu präsentieren, ohne tatsächlich so zu handeln,“ erklärt Fahr.
Verdächtig sei außerdem das sogenannte „Cause Related Marketing“, also ein zweckgebundenes Marketing, wie eine Verkaufsstrategie, bei der pro einer bestimmten Anzahl verkaufter Einheiten etwas gespendet oder beispielsweise ein Baum gepflanzt wird. Dazu Fahr: „Hier liegt das Interesse der Kampagne genau wie beim ‚Black Friday‘ darin, Umsatz zu generieren. Anstatt einen Rabatt einzupreisen, wird dann eben ein Baum gepflanzt. Hier scheint also weder bei den Konsument*innen noch bei den Anbieter*innen ein wirklicher Bewusstseinswandel hin zur Nachhaltigkeit stattzufinden.“
Konsum um jeden Preis?
Der „Black-Friday“ ist heute vor allem ein Phänomen des Onlinehandels. Während Gewerkschaften rund um den umsatzstarken Tag zum Streik bei den Beschäftigten im Versandhandel aufrufen, kämpfen Händler*innen in den Innenstädten aktuell gegen die starken Einbußen, die sich durch die Corona-Pandemie ergeben haben. Daher sei es in der Pandemie-Zeit besonders wichtig, den geplanten Konsum nicht gänzlich auf den Onlinehandel zu verschieben, betont Fahr und gibt gleichzeitig zu bedenken: „Doch wenn der stationäre Einzelhandel mitzieht, erleben wir volle Fußgängerzonen und damit eine Gefährdung des notwendigen Abstandsgebotes. Wichtiger als ein Rabatt-Tag ist deshalb vielmehr ein Instrument wie die Mehrwertsteuersenkung.“
Text: Jennifer Strube, Stabsstelle Presse, Kommunikation und Marketing