Dr. Christian Bartelheimer erhält Auszeichnung für seine Forschung zur Zukunft des lokalen Einzelhandels
In einer Zeit, in der immer mehr Konsument*innen den bequemen Weg des Online-Shoppings wählen, kämpfen viele europäische Innenstädte ums Überleben. Geschäftsschließungen und rückläufige Besuchszahlen haben nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale Auswirkungen: Innenstädte verlieren an Lebendigkeit, Vielfalt und Attraktivität. Diese Entwicklung bedroht die Lebensqualität in urbanen Räumen. Doch wie kann dieser Trend gestoppt oder gar umgekehrt werden? Eine innovative Antwort auf diese Frage liefert die Forschungsarbeit von Dr. Christian Bartelheimer. Gemeinsam mit Dr. Philipp zur Heiden, Dr. Carsten Ingo Berendes und Prof. Dr. Daniel Beverungen hat er eine digitale Lösung entwickelt, die den stationären Handel mit den Vorteilen der Online-Welt verbindet.
Im European Journal of Information Systems veröffentlichten die Forscher ihr Paper „Designing digital actor engagement platforms for local high streets: an action design research study“. Diese Arbeit stellt das Ergebnis eines Forschungsprojekts vor, das sich mit den Herausforderungen des innerstädtischen Einzelhandels auseinandersetzt. Das Ziel der Arbeit: eine digitale Plattform zu entwerfen, die Interaktionen verschiedener Akteur*innen – Händler*innen, Dienstleister*innen und Konsument*innen – in Innenstädten stärkt und so zur Revitalisierung urbaner Einkaufsstraßen beiträgt.
smartmarket²: Eine Plattform zur Stärkung des Engagements in der Innenstadt
Im Zentrum der Forschung steht smartmarket², eine digitale Plattform, die speziell für Innenstädte entwickelt wurde. Das Konzept ist ebenso simpel wie wirkungsvoll: smartmarket² ermöglicht es Händler*innen, Dienstleister*innen und Verbraucher*innen, sowohl online als auch offline miteinander zu interagieren. Dadurch entstehen hybride Einkaufserlebnisse, die weit über den bloßen Austausch von Waren hinausgehen. „Unser Ziel war es, den stationären Handel nicht nur zu erhalten, sondern ihn durch die Integration digitaler Technologien auf ein neues Niveau zu heben. Wir wollten eine Lösung schaffen, die nicht einfach nur digitale Werkzeuge bereitstellt, sondern das Potenzial hat, die Art und Weise, wie Menschen in der Innenstadt interagieren, grundlegend zu verändern“, erklärt Dr. Bartelheimer.
Über einen Zeitraum von 18 Monaten wurde smartmarket² in einem Action Design Research (ADR)-Projekt in drei Iterationen entwickelt, implementiert und evaluiert. Dabei arbeiteten die Forschenden eng mit 150 Händler*innen und Dienstleister*innen sowie 2.300 Bürger*innen zusammen. „Die enge Zusammenarbeit mit den lokalen Akteuren war entscheidend für den Erfolg der Plattform. Nur so konnten wir sicherstellen, dass smartmarket² den tatsächlichen Bedürfnissen vor Ort gerecht wird“, betont Bartelheimer. Die Ergebnisse zeigen, dass smartmarket² nicht nur das Engagement der Beteiligten fördert, sondern auch positive Effekte auf das soziale Gefüge der Innenstädte hat.
Neben der technischen Umsetzung war die Identifikation der wesentlichen Erfolgsfaktoren zur Schaffung hybrider Einkaufserlebnisse ein zentrales Ergebnis der Forschung. Das Team fand heraus, dass die Rollen der Akteure*innen klar definiert sein müssen, um ihre Interaktionsbereitschaft zu fördern. Zudem zeigte sich, dass der individuelle Nutzen der Akteur*innen eine zentrale Rolle spielt, um kollektives Engagement zu erzeugen. Netzwerkeffekte sind ebenfalls entscheidend, wobei ihr Erfolg stark vom Verhalten der einzelnen Akteur*innen abhängt. Schließlich unterstreichen die Forschenden die Bedeutung der Etablierung von Routinen, die nachhaltiges Engagement sicherstellen.
Gesellschaftliche Relevanz und praktische Anwendung
Die Forschungsergebnisse von Dr. Bartelheimer und seinen Kollegen sind nicht nur theoretisch fundiert, sondern auch von hoher gesellschaftlicher Relevanz. Smartmarket² zeigt eindrucksvoll, wie digitale Technologien genutzt werden können, um das soziale und wirtschaftliche Leben in Innenstädten zu stärken. „Es geht nicht nur um Technologie, sondern darum, wie wir durch die Digitalisierung das Miteinander in unseren Städten gestalten und beleben können. Unsere Forschung zeigt, dass digitale Tools das Potenzial haben, die Gemeinschaft zu stärken und urbane Räume wieder lebendig zu machen – wenn sie richtig eingesetzt werden“, erklärt Dr. Bartelheimer. Durch die aktive Beteiligung von Handel, Stadtverwaltungen und Bürger*innen konnten wertvolle Erkenntnisse gewonnen werden, die zur erfolgreichen Digitalisierung von Innenstädten beitragen.
Für seine herausragenden wissenschaftlichen Leistungen und seinen bedeutenden Beitrag zur Digitalisierung von Innenstädten wurde Dr. Christian Bartelheimer mit dem Dean’s Young Scholar Research Award der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Paderborn ausgezeichnet.
Über Dr. Christian Bartelheimer:
Christian Bartelheimer ist akademischer Rat am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, insb. Betriebliche Informationssysteme an der Universität Paderborn. Seine Forschung fokussiert die Gestaltung, Implementierung und Evaluation innovativer Informationssysteme zur Erbringung digitaler Dienstleistungs- und Prozessinnovationen. Zudem untersucht er die Auswirkungen des Einsatzes innovativer IT-Artefakte auf Akteur*innen, Strukturen und Prozesse in Organisationen. Er ist aktueller Präsident der Special Interest Group for Services (SIG Services) in der Association for Information Systems (AIS) und wissenschaftlicher Leiter mehrerer Forschungsprojekte. Mit der Entwicklung von smartmarket² hat er einen wichtigen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit europäischer Innenstädte geleistet.
Artikel
C. Bartelheimer, P. zur Heiden, C.I. Berendes, D. Beverungen (2023): Designing digital actor engagement platforms for local high streets: an action design research study. European Journal of Information Systems, pp. 1-34. Link