165 Euro für weni­ger Gas: Wie An­reize den Kli­mas­chutz fördern – ein Praxisbeis­piel

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Der letzte Winter war dominiert von Sorgen, um fehlendes Gas und steigende Energiepreise. Das Mannheimer Energieunternehmen MVV Energie AG unterstützte deshalb Bürger*innen dabei, ihren Gasverbrauch zu reduzieren, indem es ein Bonusprogramm anbot. Prof. Dr. Martin Kesternich von der Universität Paderborn und Research Associate beim Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) begleitete das Programm aus einer wissenschaftlichen Perspektive.  

Bürger*innen aus Mannheim und der Region konnten bis zu 165 Euro Bonus erhalten, wenn sie innerhalb eines halben Jahres ausreichend Gas einsparten. Es zeigte sich, dass im Vergleich zum Vorjahr Teilnehmende des Bonusprogramms witterungsbereinigt etwa 31 % einsparen konnten. Laut Berechnungen der MVV ist das prozentual knapp doppelt so viel wie der Durchschnitt im Netzgebiet des Energieunternehmens. Insgesamt wurden 350.000 Euro an 2.600 Teilnehmende ausgeschüttet.

Der geringere Gasverbrauch hatte jedoch nicht nur finanzielle Vorteile für die Bürger*innen, auch der Klimaschutz profitierte. Über 11,5 Millionen Kilowattstunden Gas und damit mehr als 2.300 Tonnen CO2 konnten im Aktionszeitraum eingespart werden. Dennoch folgte das Erreichen der Klimaschutzziele erst auf Platz drei als Motivationsgrund zur Teilnahme am Bonusprogramm. Wichtiger waren den meisten Teilnehmenden die Unabhängigkeit von Energielieferungen anderer Staaten wie zum Beispiel Russland sowie die Sorge um hohe individuelle Kosten. „Dies zeigt eindrücklich, dass der Zusatznutzen aus Klimaschutzmaßnahmen, also die positiven Auswirkungen von Klimaschutz auf andere Ziele wie etwa die Versorgungssicherheit, eine wichtige Rolle bei den Konsument*innen spielt. Daher ist es zentral, Klimaschutz nicht zu eng zu denken“, erläutert Prof. Dr. Martin Kesternich.

Beliebte Maßnahmen zum Energiesparen waren unter anderem Stoßlüften, die Regulierung der Raumtemperatur, das Herunterdrehen der Heizung oder die Anpassung des Duschverhaltens. Potenziale wurden auch in der Dämmung, dem hydraulischen Abgleich und einer Energieberatung gesehen. „Die Teilnehmenden der MVV-Aktion waren in Sachen Energiesparen besonders motiviert: Die Hälfte von ihnen hatte sich vorgenommen, mindestens 20 Prozent Gas in ihrem Haushalt einzusparen. Unter den Nicht-Teilnehmenden waren es nur 40 Prozent, die ähnlich hohe Einsparziele realisieren wollten“, gibt Prof. Dr. Martin Kesternich Einblicke in die begleitende Umfrage. Seit April 2023 ist Kesternich Professor für Volkswirtschaftslehre, insb. Nachhaltigkeit an der Universität Paderborn. Eines seiner Ziele ist es, Unternehmen mit empirischen und experimentellen Untersuchungen wie denen der MVV, deutlich zu machen, dass sie schon mit kleinen Maßnahmen Kund*innen dabei helfen können, nachhaltige Entscheidungen zu treffen.

Foto (Universität Paderborn): Prof. Dr. Martin Kesternich evaluiert als Umwelt- und Verhaltensökonom systematisch mit Feldexperimenten die Wirksamkeit von klima- und energiepolitischen Programmen.