Prof. Dr. Peter F. E. Sloane geht nach 62 Semestern als Hochschullehrer in den Ruhestand
Über drei Jahrzehnte hat Prof. Dr. Peter F. E. Sloane als Hochschullehrer für Wirtschafts- und Sozialpädagogik die deutsche Bildungslandschaft geprägt, Lernende betreut und Lehrende erforscht. Am 01. August 2023 hat er seinen Ruhestand angetreten. Als Wegbegleiter für zahlreiche Studierendengenerationen erlaubt er sich einen Blick zurück: „Universität verändert sich mit der Gesellschaft. Unsere Gesellschaft ist bunter, fragmentierter und unübersichtlicher geworden. Dies zeigt sich in der Zusammensetzung unserer Studierenden. Lehrende müssen mit den Besonderheiten dieser Heterogenität umgehen. Wenn ich über die Gesamtzeit meiner akademischen Tätigkeit hinwegblicke, so muss ich feststellen, dass Studierende heute eine deutlich weniger privilegierte Ausbildung erhalten. Ein Hochschulabschluss ist nicht wie früher mit einem Sicherheitsversprechen verbunden. Zudem wurden die Entwicklungspfade verkürzt. Durch die entstandene Schnelllebigkeit sinkt in der Breite der Studierenden die Bereitschaft etwas auszuprobieren, sich in Frage zu stellen und andere Perspektiven einzunehmen. Auf diese Entwicklungen müssen die Hochschulen reagieren.“
Bildung für verschiedene Zielgruppen
Er selbst begegnete den unterschiedlichen Biographien der Studierenden in seiner Lehre mit Erzählungen und verband die Erfahrungen der Studierenden mit dem Wissen aus der Theorie. Peter F. E. Sloane war es immer ein wichtiges Anliegen, dass Studierende lernen, Theorien situativ in konkretes Handeln umzusetzen und den Anwendungszusammenhang des gelernten Wissens zu begreifen. „Universitäten sind eine Ausbildungsstätte für unsere Gesellschaft. Dies birgt eine hohe Verantwortung. Wir bilden nicht mehr nur für akademische Karrieren aus, sondern auch für Führungsaufgaben in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft.“ Damit geht sein Wunsch nach einer stärkeren Orientierung an den konkreten Anforderungen beruflicher Praxis einher. Das Zusammenspiel von grundlagentheoretischer Aufarbeitung und praktischer Umsetzung hat er in seinen zahlreichen Verbundprojekten der beruflichen Bildung gelebt. Spuren seiner Arbeit finden sich heute in Lehrplänen der kaufmännischen Ausbildungen wieder oder in der Gestaltung von Lernsituationen und Lerneinheiten. Gemeinsam mit den Kolleg*innen des Departments Wirtschaftspädagogik hat er zudem seine Lehransätze an hunderte Lehrer*innen des Berufskollegs weitergegeben.
Modernisierung der Studiengänge und der Fakultätsstrukturen
„Peter F. E. Sloane hat die Lehre und die Zusammenarbeit an unsere Fakultät maßgeblich geprägt. Mit seiner offenen und warmherzigen Art gelang es ihm, alle Fakultätsmitglieder durch große Reformen zu führen. So zeichnet er sich zusammen mit der damaligen Studiendekanin Prof. Dr. Leena Suhl für die Umstellung der Studiengänge auf die Bachelor- und Masterausbildung verantwortlich und überführte die Organisation der Fakultät in ein modernes Department-Konzept. Noch heute profitieren wir von seinem Verständnis von Hochschullehre und Forschung. Inspiriert durch seine vielen Lebensstationen war es ihm immer ein großes Anliegen, Forschung und Lehre disziplinübergreifend gemeinsam zu gestalten – vor Ort, hier in Paderborn. Seiner zugewandten Art ist es zuzuschreiben, dass er einen Rahmen geschaffen hat, in dem Vorschläge und Ideen aller Statusgruppen als gleichwertig anerkannt und umgesetzt werden konnten“, würdigt Prof. Dr. Guido Schryen, aktueller Dekan der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, den Einfluss von Peter. F. E. Sloanes Wirken auf die Fakultät. Ein weiteres Highlight, von dem noch heute die Studierenden der Fakultät profitieren und das in die Verantwortung von Peter. F. E. Sloane fällt, ist das Asian Studies in Business Economics (ASBE) Programm. Das Programm ermöglicht Studierenden einen sprachlich-interkulturellen und fachlichen Austausch mit fünf Universitäten in China, Japan und Südkorea.
Zusammenspiel von Bildungsforschung und Praxis
Dem selbstregulierten Lernen, der Gestaltung von Bildungsgängen sowie den Strukturen und Prozessen der Berufsbildung widmete sich Peter. F. E. Sloane auch in seiner Forschung. Er zählt zu den prominentesten Vertretern der gestaltungsorientierten Forschung. Der Design-based Research bindet Theoriebildung an konkrete Praxisprojekte an. Wissen wird dabei aus den Innovationsprozessen in der Praxis generiert. Mit diesem Alleinstellungsmerkmal im deutschsprachigen Raum ist das Department Wirtschaftspädagogik der Universität Paderborn unter der Mitwirkung von Peter F. E. Sloane zu einem der drittmittelstärksten wirtschaftspädagogischen Departments Deutschlands geworden. In den zahlreichen Forschungsprojekten mit Betrieben und Schulen hat Peter. F. E. Sloane Praktiker*innen immer als gleichwertig zur Wissenschaft angesehen und ihnen die Fähigkeit zugesprochen, Wissen reflexiv generieren zu können. „In den letzten Jahren habe ich mich verstärkt mit Fragen zum kommunalen Bildungsmanagement beschäftigt. In Kooperation mit der Universität St. Gallen haben wir die Maßnahmen des Bundes zur Förderung von Bildungsmaßnahmen vor Ort evaluiert und für die breitere Umsetzung der erzielten Ergebnisse ein Transferkonzept entwickelt, welches vom Bundesministerium für Bildung und Forschung aufgenommen und sich in der Finanzierung von sogenannten ‚Transferagenturen‘ niederschlug.“ Dieses Projekt möchte Peter. F. E. Sloane auch nach seinem Ruhestand fortführen.
Ein Musiker hört auch nicht auf zu musizieren
„Ich werde weiter nachdenken, schreiben und forschen“, verrät der Professor über seine weiteren Vorhaben. Dabei wird er sicherlich seinem Lebensmotto „Wege entstehen im Gehen“ treu bleiben. Er ist überzeugt, dass wir nicht Wegen folgen, sondern unsere Wege schaffen. Wenn wir zurückblicken, können wir Wege erkennen, aber daraus können wir nicht immer ableiten, was der zukünftige Weg für uns bereithält. Der Weg von Peter F. E. Sloane führte ihn über viele Stationen zu seiner akademischen Heimat nach Paderborn. Bevor er im Jahr 2000 den Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialpädagogik an der Universität Paderborn übernahm, war er von 1992-1996 Professor für Wirtschaftspädagogik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und von 1996-2000 Professor für Wirtschafts- und Sozialpädagogik an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Promoviert und habilitiert hat er sich an der Universität zu Köln. Er war vielfach als Gutachter international und national tätig, zuletzt als Mitglied einer Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags zur ‚Zukunft der beruflichen Bildung in der digitalen Arbeitswelt‘. Zudem war er Research Fellow an der University of Oxford und von 2014 bis 2016 Appointed Professor an der University of Leeds. Er ist Mitherausgeber der Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik (ZBW) und des Journals Educational Design Research (EDeR). Sein Wirken strahlte in viele Bereiche der Forschung und Lehre aus, dabei prägte er Generationen von Forschenden. Einer seiner Mitarbeiter bringt es auf den Punkt: „Wir wollten immer alle sein wie er, aber er wird wohl unerreicht bleiben“.