Prof. Dr. Lena Steinhoff erforscht, wie es Unternehmen gelingen kann, die Loyalität ihrer Kund*innen zu gewinnen, sodass sie ein Unternehmen weiterempfehlen und nicht zur Konkurrenz wechseln. Dabei konnte sie mit ihrer Forschung unter anderem zeigen, dass viele Aktivitäten des Kundenbeziehungsmanagements zwar gut gemeint sind, aber nicht immer ihren Zweck erfüllen.
Programme wie „Miles and More“ oder „Payback” kennen die meisten als Bonussysteme oder Kundenkarten. In der Forschung sind diese Instrumente des Kundenbeziehungsmanagements als Loyalitätsprogramme bekannt. Sie dienen dazu, Beziehungen zu Kund*innen aufzubauen, zu pflegen und langfristig aufrechtzuerhalten. Ziel sind treue Kund*innen – doch viele der Programme bleiben hinter den Erwartungen der Unternehmen zurück und haben nicht den erwünschten Erfolg.
In ihrer Forschung geht Lena Steinhoff diesem Phänomen auf die Spur und erforscht in ihren Studien die psychologischen Auswirkungen solcher Programme auf Kund*innen. In mehreren Studien erforscht die Professorin „die dunklen Seiten“ von Loyalitätsprogrammen. So kann sich eine Kundenbeziehung zum Beispiel dadurch verschlechtern, dass Kund*innen ohne Mitgliedschaft im Loyalitätsprogramm beobachten müssen, wie andere Kund*innen durch das Programm besser behandelt werden. Die Ungleichbehandlung wird als ungerecht empfunden und das eigene Statusempfinden sinkt. Indem Steinhoff und ihre Kolleg*innen auch die Zuschauer*innen („Bystander Customers“) und nicht nur die Zielkund*innen („Target Customers“) von Loyalitätsprogrammen in den Blick nahmen, gelang es ihnen, die teils schlechten Leistungsergebnisse solcher Programme zu erklären. Zudem konnte sie zeigen, dass sich auch die Ausgestaltung der Loyalitätsprogramme hinsichtlich der Regelklarheit sowie der Sichtbarkeit und Exklusivität von Belohnungen darauf auswirken, wie dankbar Kund*innen sind, ob sie ihre Behandlung als ungerecht empfinden oder sich im Vergleich zu anderen Kund*innen unterlegen fühlen.
Steinhoff ist sich den gängigen Vorurteilen bewusst, die mit den Marketingaktivitäten von Unternehmen verbunden sind: „Viele sagen, Marketing diene lediglich zur Manipulation, um den Konsument*innen etwas anzudrehen.“ Das sieht die Marketingexpertin jedoch anders, was sie auch als Lehrende stets zu vermitteln versucht: „Marketing basiert auf freiwilligem Austausch und dient dazu, mündigen Konsument*innen ein Wertangebot zu unterbreiten. Unternehmen werden nur nachhaltig erfolgreich sein, wenn die Kund*innen aus ihrer Sicht wahrnehmen, dass das Produkt ihnen tatsächlich einen Wert stiftet und einen Beitrag zur Befriedigung eines Kundenbedürfnisses leistet.“
UPB aus drei Perspektiven kennen und lieben gelernt
Steinhoffs Herz hängt nicht nur an ihrem Forschungsschwerpunkt, sondern auch an der Universität Paderborn. Fast 20 Jahre ist es her, dass es sie erstmals als Bachelorstudentin des Studienganges International Business Studies (IBS) nach Paderborn verschlug. Nach Abschluss ihres Masters promovierte Lena Steinhoff am Lehrstuhl für BWL, insb. Marketing, bei Prof. Dr. Andreas Eggert. In dieser Zeit gelang es ihr, zwei wissenschaftliche Artikel in renommierten Fachzeitschriften ihres Fachbereichs zu publizieren. Das motivierte sie, Habilitandin zu werden und somit eine Professur anzustreben – vorher war eine wissenschaftliche Karriere nämlich nicht geplant. Im September 2018 verließ sie Paderborn und folgte dem Ruf auf eine Tenure Track-Juniorprofessur für Dienstleistungsmanagement am Institut für Betriebswirtschaftslehre der Universität Rostock. Trotz der Aussicht auf eine Lebenszeitstelle sowie der „einzigartigen Nähe zur Ostsee“ zog es Lena Steinhoff wieder an die Universität Paderborn, die sie zuvor als Studentin und Doktorandin schätzen gelernt hatte. „Auf die dritte Rolle als Professorin freue ich mich nun umso mehr“, schwärmt sie von den tollen Entwicklungen der Lehre und Forschung an der Universität Paderborn, die sie von Rostock aus stets mitverfolgt hat.
Über den Tellerrand hinaus
Während ihrer Karriere hatte Steinhoff mehrfach die Gelegenheit, verschiedene Perspektiven auf ihr Fachgebiet kennenzulernen. So sammelte sie während zweier Forschungsaufenthalte an der Foster School of Business der University of Washington in Seattle wertvolle Einsichten in die Marketingforschung in den USA: „Ich habe während meiner Aufenthalte – zunächst als Doktorandin und später als Habilitandin – viel von meinem damaligen Mentor Rob Palmatier gelernt.“ Auch heute noch arbeitet sie mit vielen Kolleg*innen in den USA zusammen und publiziert gemeinsam mit ihnen in hochrangigen Fachzeitschriften. Spannend war es auch, Unterschiede zwischen dem amerikanischen und dem deutschen Hochschulsystem kennenzulernen, beispielsweise mit Blick auf die Personalstruktur. An der University of Washington umfasste allein der Fachbereich für Marketing etwa 20 Professor*innen auf unterschiedlichen Karrierestufen. Im Vergleich dazu sind die einzelnen Fachdisziplinen innerhalb der Wirtschaftswissenschaften an deutschen Universitäten typischerweise kleiner aufgestellt. So vertritt Steinhoff das Fach Marketing ab dem kommenden Sommersemester an der Universität Paderborn gemeinsam mit einer weiteren Professorin für Marketing.
Dadurch wird der Austausch mit den angrenzenden Fachdisziplinen der Wirtschaftswissenschaften jedoch umso wichtiger. Steinhoff sieht hier beispielsweise zahlreiche vielversprechende Anknüpfungspunkte mit der Wirtschaftsinformatik: „Ein Schwerpunkt meiner Forschung ist es, die Implikationen der digitalen Transformation, im positiven wie im negativen Sinne, für Kundenbeziehungen zu analysieren. Wenn wir hier die Konzepte und Methoden aus Wirtschaftsinformatik und Marketing zusammenbringen, können wir aus meiner Sicht sehr wertvolle Erkenntnisse generieren.“ Auch der neue Nachhaltigkeitsschwerpunkt der Fakultät bietet spannende Anknüpfungspunkte: „Hier stellt sich unter anderem die Frage, wie Konsument*innen durch Marketing zu nachhaltigem Verhalten inspiriert werden können.“ Ihr derzeitiges Forschungsprojekt zur Konsumentensolidarität hat Bezüge zur Nachhaltigkeit: „Unsere Studien im Kontext der Corona-Pandemie zeigen, dass sich Konsument*innen mit Unternehmen solidarisch zeigen, die einen positiven Beitrag für die Gemeinschaft leisten. Überträgt man diesen Grundgedanken, wäre es spannend zu analysieren, wie Konsument*innen und Unternehmen gemeinsam die gesamtgesellschaftliche Herausforderung des Klimawandels adressieren können. Wenn Konsument*innen zum Beispiel mit ihrem Kaufverhalten vorzugsweise Unternehmen unterstützen würden, die ökologisch nachhaltig produzieren, würde für Unternehmen wiederum ein stärkerer Anreiz entstehen, in eine nachhaltigere Produktion zu investieren“, gibt Steinhoff einen ersten Einblick.
Die Lehre als Herzensangelegenheit
Der Professorin liegt es am Herzen, die Universität Paderborn weiter als starken Standort für das Fach Marketing zu etablieren. Hierzu gehört für sie neben international sichtbarer Forschung eine moderne Lehre. Schon zu ihren eigenen Studienzeiten von 2003 bis 2009 haben es ihr die „neuartigen Lehrmethoden“ an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften angetan. Sie erinnert sich noch allzu gut an „die gelungene Abwechslung aus Vorlesungen, Fallstudien und Praxisprojekten“.
Als Lehrende ist es ihr Ziel, den Studierenden eine international wettbewerbsfähige Ausbildung zu bieten, die praxisrelevante Themen behandelt und diese anhand fundierter Forschungserkenntnisse und -methoden beleuchtet. Dabei kommt ihr ihr eigener Forschungsschwerpunkt zugute, indem sie den Gedanken des Kundenbeziehungsmanagements auf Studierende überträgt: Die Lehrenden und Mitarbeitenden der Universität sind Dienstleister*innen, die Kundenbeziehungen zu den Studierenden aufbauen und pflegen müssen, um sie zu loyalen Repräsentant*innen der Universität zu machen.
Aus eigener Erfahrung weiß die heutige Professorin, wie sich ihre Freude am wissenschaftlichen Arbeiten vom Bachelor- zum Masterstudium steigerte. Die Furcht vor dem empirischen Forschen zu nehmen, ist deswegen ein weiteres Lehrziel von Steinhoff. Gemeinsam mit den Studierenden im Hörsaal interagieren, die Dinge kritisch hinterfragen und auf Augenhöhe Neues entdecken – so stellt sich Steinhoff die Lehre in den Wirtschaftswissenschaften vor. Immer mit dem Hintergedanken, ihre Leidenschaft für das Marketing und ihre wichtigste Botschaft auszudrücken: „Marketing kann und muss Wert für die Gesellschaft als Ganzes stiften – lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten!“
3 Tipps für Studis
- Work hard, play hard: Arbeiten Sie hart, aber genießen Sie auch die spannende und schöne Lebensphase des Studiums und feiern Sie viel!
- Nutzen Sie die vielfältigen Möglichkeiten an der UPB wie Auslandsaufenthalte oder studentische Initiativen: Schauen Sie über den Tellerrand!
- Seien Sie neugierig und gehen Sie nicht immer den Weg des geringsten Widerstandes – also: Wählen Sie die Module, die Sie packen und nicht die mit dem geringsten Arbeitsaufwand!