Die Jong­leu­rin

 |  StoryFakultät Wirtschaftswissenschaften

Schon in der Schule war Mathe ihr Lieblingsfach: Statistikexpertin Dr. Sonja Lück entlockt Zahlenreihen ihre Geheimnisse. Heute helfen ihre Datenanalysen Unternehmen dabei, ihr innovatives Potenzial optimal zu nutzen.

Was sie lieber möge, Forschung oder Lehre? Sonja Lück muss nicht lange überlegen: „Mir liegt beides, sogar sehr.“ Da seien einerseits diese Tage, an denen sie sich über Stunden in Datenreihen verliere – das Gefühl konzentrierter Neugier. Und andererseits die schönen Momente, in denen es ihr gelinge, Studierende für ihr Fach zu begeistern, die Statistik. „Das macht mich immer wieder glücklich.“

Im Alltag muss die Oberstudienrätin an der Universität Paderborn deshalb mit ihren Arbeitszeiten geschickt jonglieren: Während des Semesters bietet sie an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften 16 Lehrstunden pro Woche an – fast doppelt so viele, wie Professor*innen leisten. In den vorlesungsfreien Zeiten dann reist sie zu Treffen mit Fachkolleg*innen, vor allem in den USA, wo sie in Berkeley an der University of California Mitglied eines internationalen Wissenschaftsteams ist. „Das sind intensive Tage: Wir arbeiten von morgens bis abends miteinander, schweigen mal über Stunden, weil wir Daten analysieren, und werfen uns dann plötzlich Ideen an den Kopf, schauen fasziniert auf Zwischenergebnisse oder entwickeln völlig neue Fragestellungen: Diesen Wechsel zwischen individueller Forschung und kreativer Teamarbeit liebe ich“, erzählt Lück.

Seit 2003 arbeitet sie schon an der Universität Paderborn, zuerst als Promotionsstudentin, dann als Festangestellte. Heute hält sie eine Lebenszeitstelle an der Fakultät – und das ohne Professur. „Im Wissenschaftsbetrieb ist solch eine Stelle ein großer, seltener Glücksfall“, erklärt die 45-Jährige. Die Hochschule kennt sie bereits aus ihrem Studium: Sie lernt dort Betriebswirtschaft und begeistert sich anfangs für Fragen des Marketings, entdeckt dann aber schnell ihre Vorliebe für die Statistik – was nicht wirklich überrascht, schließlich war Mathe auch in der Schule stets ihr Lieblingsfach.

Heute ist ihr Spezialgebiet die Innovationsforschung: Lück untersucht mithilfe von Datenanalysen, wie sich in Unternehmen der Mut für Erfindungen fördern lässt. Ein wichtiger Indikator dabei sind Patente, mit denen Firmen ihre Neuentwicklungen öffentlich machen und rechtlich schützen. Doch diese Anmeldungen stellen Unternehmen immer wieder vor ein Dilemma: Viele Firmen wollen ihre Erfindungen möglichst lange vor der Konkurrenz geheim halten. Gleichzeitig besteht so aber das Risiko, dass sie stark in ihre Forschung investieren – ohne zu ahnen, dass konkurrierende Unternehmen längst an ganz ähnlichen Projekten sitzen.

Dieser doppelte Forschungsaufwand galt in der wissenschaftlichen Debatte bislang als Belastung für die Wirtschaft, belegt wurde die Annahme allerdings nie. Lück konnte das Phänomen nun aber mithilfe von Patentdaten aus den USA und Europa tatsächlich nachweisen und zeigen, dass frühzeitige Patentveröffentlichungen tatsächlich unnötige Doppelinvestitionen verhindern. Dieser Beleg gilt in der betriebswirtschaftlichen Lehre als so zentral, dass Lücks Studie – die sie als Hauptautorin verantwortet – 2020 im Journal „Management Science“ erscheint, einer der führenden Fachzeitschriften der Wirtschaftswissenschaften. Außerdem erhält Lück für ihre Arbeit den „Dean’s Young Scholar Research Award“ ihrer Fakultät.

Auszeichnungen kassiert sie aber nicht nur für ihre Forschung: auch ihre Lehre wurde bereits prämiert. So erhielt sie vor kurzem den Lehrpreis der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften. In der Laudatio wurde insbesondere ihr Engagement für Studierende gelobt: Lück betreue diese intensiv und individuell, gebe ihnen außerdem regelmäßig Feedback.

Damit dies gelingt, teste sie als Dozentin immer wieder auch neue Lehrkonzepte aus, erklärt Lück, Inverted Classroom zum Beispiel. Dabei zeichnet sie ihren Lehrvortrag als Video auf und sendet ihn vorab an die Teilnehmenden ihrer Seminare und Vorlesungen. Diese können sich so inhaltlich optimal vorbereiten. Die Präsenzstunden selbst kann Lück dann ausschließlich dafür nutzen, die Nachfragen der Studierenden zu beantworten und ihnen vor allem Übungen anzubieten. Diese sind Lück besonders wichtig: „Ein guter Vortrag allein klingt vielleicht interessant, ist aber schnell vergessen. Damit das Wissen hängenbleibt, müssen die Studierenden das Gehörte auch selbst durchdacht und angewandt haben.“

Bei den Teilnehmenden kommen ihre Veranstaltungen gut an – dieses Urteil ist der Dozentin besonders wichtig. Schließlich hat sie sich als Forscherin lange mit der Lehrevaluation an Hochschulen befasst: Noch als Doktorandin begann sie zu untersuchen, wie belastbar die Bewertungen sind, die Studierende ihren Dozent*innen geben. 10.000 anonymisierte Bewertungsbögen konnte sie dafür auswerten und so zum Beispiel untersuchen, ob Professor*innen schlechteres Feedback von ihren Kursteilnehmenden erhalten, wenn sie diese zuvor streng benotet hatten. Oder beobachten, wie unterschiedlich das Urteil ausfällt, je nachdem welchen Studiengang die Befragten innerhalb der Wirtschaftswissenschaften belegt haben.  

Lehre müsse auch den Lehrenden Spaß machen, betont Lück gleichzeitig – nur dann habe sie die Kraft, andere zu begeistern. Sie selbst habe das so bei ihrem Doktorvater Manfred Kraft erlebt: der mittlerweile emeritierte Statistikprofessor der Universität Paderborn ist bis heute ihr Vorbild. „Ich hoffe, dass es mir wie ihm gelingt, über so viele Jahre hinweg mit solch einer Leidenschaft zu lehren“, sagt Lück.

Wer sie im Alltag erlebt ist sicher: Genug Energie dafür hat sie.

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Dr. Sonja Lück

Statistik und Quantitative Methoden der Empirischen Wirtschaftsforschung

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