Wie auch du fernab der Heimat ehrenamtlich tätig sein und dich selbst weiterentwickeln kannst
Neue Eindrücke sammeln, sich selbst weiterentwickeln und anderen Menschen helfen - und das alles in Uganda! Schon vor ihrem Studium hat Leonie sich mit sozialen Ungleichheiten beschäftigt und sich selbst als Ziel gesetzt, dies zu verändern. Vor vier Jahren wurde sie auf den gemeinnützigen Paderborner Odissa-Charles Verein aufmerksam und fliegt seitdem für mehrere Wochen im Jahr nach Uganda, um vor Ort zu unterstützen.
Es geht darum Chancen zu bekommen, Chancen zu nutzen und Chancen zu geben
Leonie hat sich schon früh mit unterschiedlichen Dimensionen sozialer Ungleichheit beschäftigt und sich in Zuge dessen für die Studiengänge Erziehungswissenschaften und Soziologie entschieden. Wie wirkt sich die soziale Herkunft eines Menschen auf seine weiteren Lebenschancen aus? Um eine Antwort auf diese Frage zu erhalten, beschäftigte sich Leonie insbesondere mit Sozialisationsprozessen, gesellschaftlichem Zusammenleben, sozialen Herkunftseffekten, Bildungsverläufen sowie herrschenden Rollenverhältnissen und Rollenverständnissen.
„Ich erinnere mich noch genau an meinen ersten Tag auf dem Campus“, blickt Leonie heute zurück, „da war ich begeistert von all dem Wissen und den Möglichkeiten, die mir zur Verfügung stehen.“ Dass dieses Wissen von den meisten jedoch als selbstverständlich erachtet wird, aber eigentlich als absoluter Luxus wahrgenommen werden sollte, liegt Leonie besonders auf dem Herzen.
Nach Abschluss ihres Masters beschäftigte sie sich zunächst mit Projekten im Bereich Personal- und Organisationsentwicklung, Arbeitsmarktintegration, (Bildungs-)Armut und Migration. Anschließend entschied sie sich aufgrund des Wunsches nach persönlicher Weiterentwicklung und der Ausweitung ihrer Fachkenntnisse im Bereich der Wirtschaftswissenschaften für eine Promotion an der Universität Paderborn. Es war ihr wichtig die wirtschaftswissenschaftlichen Perspektiven noch einmal genauer in den Blick zu nehmen und sie mit ihrem vorhandenen Wissen zu verknüpfen. Neben ihrer Promotion und ihren Aufgaben im Bereich der Hochschulentwicklung übernimmt Leonie seit Februar die Position Gleichstellungsbeauftragte an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften. In ihrer Freizeit setzt sie sich ehrenamtlich für die Entwicklungshilfe in Uganda ein.
Leonies Rolle im Odissa-Charles Verein
Aufgrund ihres frühen Verständnisses für soziale Ungleichheiten, machte sich Leonie vor einigen Jahren auf die Suche nach geeigneten Projekten, bei denen sie aktiv mitwirken kann. „Ich hatte den Wunsch etwas zu verändern und zu bewirken“, fasst sie heute ihre Intention zusammen. „Ich habe das Glück in einer Gesellschaft großgeworden zu sein, in der die Kosten für Bildung eher gering sind, in der ich viele Chancen bekommen habe. Ich wollte diese nutzen um etwas zurückzugeben. Denn meiner Meinung nach geht es im Leben darum Chancen zu bekomme, Chancen zu nutzen und diese auch weiterzugeben.“ Leonie beschreibt, dass sie auf zahlreiche Projekte und Vereine gestoßen sei, jedoch fehlte ihr oftmals die nötige Identifikation mit den jeweiligen Projekten, um sich in diesen einzubringen – bis sie vor vier Jahren auf den Paderborner Odissa-Charles e. V. stoß.
Der Verein wurde im Jahr 2013 von der Paderbornerin Anne Grothe gegründet, die zuvor in Uganda einem kleinen Jungen begegnet war, der sie dazu inspirierte, den Verein zu gründen. Anne Grothe war im Rahmen eines Praxissemesters vor Ort und stoß durch Zufall auf einen Jungen, der Odissa-Charles hieß und zum Namensgeber des Vereins wurde. Dieser lief über heiße Kohlen, sodass er sich seine Füße verbrannte. Die Verbrennung entwickelte sich zu einer gefährlichen Entzündung, die lebensbedrohlich wurde. Da die Mutter des Jungen und seine Geschwister jedoch an der Existenzgrenze lebten, konnte die Familie nicht für die notwendige ärztliche Versorgung des Kindes aufkommen, sodass die Paderborner Gründerin die Kosten übernahm und die Familie fortlaufend förderte.
Zurück in Deutschland erzählte Anne Grothe ihren Bekannten und Freunden von ihren Erlebnissen in Uganda, einem der ärmsten Länder der Welt. Ihr wurde bewusst, dass die Kinder und Familien vor Ort dringend Unterstützung benötigen. Aus dieser anfänglichen zufälligen Begegnung entwickelte sich der Verein, der heute 53 Kinder und deren Familien unterstützt.
Vor fünf Jahren lernte auch Leonie die Gründerin selbst und ihre Geschichte kennen und reiste für mehrere Monate nach Uganda, um die laufenden Projekte und Menschen zu unterstützen. Seitdem fliegt Leonie jedes Jahr für mehrere Wochen nach Uganda. In Deutschland ist sie jedoch auch nicht untätig, sondern hilft, indem sie pädagogische Konzepte entwickelt, in Coronazeiten Lernaufgaben für die Kinder versendet, neue Spender*innen aktiviert, sich über die Lage und das Wohlbefinden der Kinder und Familien vor Ort informiert oder sich um die Social-Media-Arbeit des Vereins kümmert, der sich nur aus Spenden finanziert.
Leonie beschreibt das Konzept des Vereins mit dem Motto „Hilfe zur Selbsthilfe“. Denn die Vereinsmitglieder sind der Meinung, dass jeder Mensch das Potenzial hat, aus eigener Kraft sein Leben in Würde aufzubauen und zu gestalten, unabhängig davon unter welchen Bedingungen er aufwächst oder lebt. Es geht darum Menschen diese Chance zu geben, denn nur so kann eine nachhaltige Entwicklung ermöglicht werden. Wir achten bei unserer Arbeit besonders darauf, dass unsere Projekte nachhaltig und mit sozialer Verantwortung umgesetzt werden, mit dem notwendigen Respekt vor der Kultur und Lebensweise der Menschen sowie Achtung vor der wunderbaren Natur Ugandas, die es zu bewahren und beschützen gilt. Auf diese Weise hoffen wir, einen positiven Fußabdruck zu hinterlassen, indem wir junge Menschen in ihrer Persönlichkeit stärken und sie für den Wert der Umwelt sensibilisieren. Denn nur so entsteht die Grundlage für eine stabile und friedliche Zukunft auch für nachfolgende Generationen, so Leonie.
Die Mitglieder und Unterstützer*innen des Vereins stehen auch von Deutschland aus immer im engen Austausch mit den Familien in Uganda und gewährleisten, dass fast immer jemand in Uganda vor Ort ist, um die Familien zu unterstützen. „Außerdem versuchen wir ganzheitlich zu denken und betrachten nicht nur die Kinder, sondern deren komplettes Umfeld“, fasst Leonie den Ansatz des Vereins zusammen. Zu den Tätigkeiten des Vereins gehört die Förderung von Schulbildung, das Unterstützen von Berufsausbildungen, das Leisten von Existenzgründungszuschüssen, die Kostenübernahme von Operationen, Arztbesuchen und Medikamenten, sowie die Unterstützung in Notlagen.
Leonies persönliche Erfahrungen
„Ich bin so dankbar, dass ich die Möglichkeit habe mich einzubringen. Wir können so viel voneinander lernen. Insbesondere ihre unglaubliche Lebensfreude, ihr Mut, ihr Optimismus und ihre Leichtigkeit sind ansteckend und zeigten mir einen enormen Kontrast zu meinem sonst eher stressigen und stark getakteten Leben in Deutschland. Mir wurde wieder klar, was wirklich zählt, um glücklich zu sein und ich fing an mich wieder auf die grundlegenden Dinge im Leben zu konzentrieren, blickt Leonie auf eine ihrer Erfahrungen zurück.
Heute weiß sie, dass es ein riesiger Luxus ist, anderen Menschen helfen zu können und die eigene Wahrnehmung zu schärfen und zu verändern.
Schon kleinste Handlungen können eine große Wirkung erzielen, schaut Leonie mit einem Blick auf ihre bisherigen Erfahrungen zurück. „Sharing is caring - ist ein Satz der sich in unserem Kindergarten mittlerweile etabliert hat. Einmal, als ich den Kindern beim Spielen im Sandkasten zuschaute beobachtete ich, wie sich Kinder, die es gewohnt waren sich ihr Leben lang durchzukämpfen, lautstark um eine Schaufel stritten. Ein anderes der Kinder wurde auf den Streit aufmerksam und ging zu den beiden hin. Es schaute sie an und rief ihnen zu „Sharing is caring!“ Dieser Moment war einfach unglaublich!“
Auch ein weiteres Schicksal ist Leonie in Erinnerung geblieben, dass sich mithilfe des Vereins zu einem Happy End entwickeln konnte. Wir begegneten in einem der ärmsten Regionen in Uganda einem der Kinder und waren nicht sicher, ob dieser aufgrund gesundheitlicher Probleme überleben wird, sodass wir uns entschieden, den Jungen in die Förderung aufzunehmen.
Wir erfuhren, dass er bei einer jungen Frau vor Ort lebte, die ihn aufgenommen hatte, obwohl sie, zusammen mit zwei weiteren Kindern, selbst am Rande der Armutsgrenze lebte. Obwohl die Frau ein Studium abgeschlossen hatte, blieb ihr die Chancen auf einen Job verwehrt.
Der Verein wurde auf das Schicksal der jungen Frau aufmerksam und entschied sich, die Familie zu unterstützen, sodass sich die junge Frau weiterbilden konnte und heute als Managerin vor Ort für den Verein tätig ist. Sie können nun gemeinsam in einer Wohnung leben und die Kinder eine Schule besuchen.
So kannst Du helfen
„Jeder kann mitmachen und etwas bewirken! In jeder Lebensphase hat man unterschiedliche Möglichkeiten“, appelliert Leonie mit einem Blick auf die vielen Optionen, sich selbst zu engagieren und ehrenamtlich tätig zu sein.
Das können Aktionen von Deutschland aus sein, wie das Backen von Keksen und das Organisieren von Veranstaltungen um Spenden zu sammeln, aber auch die aktive Mitarbeit vor Ort.
Weitere Informationen findest du auf Odissa-Charles e.V. - Herzlich Willkommen (odissa-charles-verein.de) oder auch auf Instagram unter @odissacharlesverein.
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