Bevor sich Clara-Vivian Ammann für ein Studium der Wirtschaftspädagogik entschied, kannte sie das Handwerkszeug einer Betriebswirtin bereits aus ihrer Berufsausbildung. Heute erforscht sie, wie in Lernumgebungen ein Austausch über die impliziten Arbeits- und Denkweisen in Fachkulturen gestaltet werden kann. Durch den Austausch sollen perspektivisch Ungleichheiten zwischen Studierenden abgebaut und Bildungshürden entgegen gewirkt werden.
Einkauf, Vertrieb und Controlling – damit kannte sich Ammann schon vor Beginn ihres Masterstudiums an der Universität Paderborn bestens aus. Denn ihr Weg führte sie nach dem Abitur in ein duales Studium mit einer Berufsausbildung, in eine Weiterbildung zur Betriebswirtin und in ein klassisches Bachelorstudium der Betriebswirtschaftslehre. Die praktische Ausrichtung ihrer bisherigen Lebensstationen reichte ihr jedoch nicht: „Ich hatte Lust eine pädagogische Perspektive auf die bisherigen wirtschaftlichen Erfahrungen zu gewinnen und Bildungsprozesse mitzugestalten.“ Mit dem Masterstudiengang Wirtschaftspädagogik konnte die Betriebswirtin auf erlerntes Wirtschaftswissen aufbauen und erhielt eine neue Sicht auf berufliches Lehren und Lernen.
Ihr heutiger Alltag als Promovendin spiegelt für sie in vielen Facetten „typische Tätigkeiten einer Wirtschaftspädagogin“ wider: Forschen, Projektarbeit, Tagungen besuchen, Studierende beraten, in die Lehre eingebunden sein sowie die Betreuung von Abschlussarbeiten. Die Arbeit in Verbindung mit Forschungstätigkeiten bedeutet dabei für Ammann „lebenslanges Lernen“. Zwar kann sie auf ihrem bisherigen Methoden- und Fachwissen aufbauen, dennoch begegnen ihr täglich neue Hürden, die es zu meistern gilt. Ihre derzeitig größten Herausforderungen sieht sie im Jonglieren ihrer Interessen und Aufgaben sowie im Sortieren der vielfältigen Optionen als Promotionsstudentin und wissenschaftliche Mitarbeiterin: „Eigenverantwortung und Disziplin werden noch stärker gefordert als zuvor.“
Trotz der neuen Arbeitsstrukturen nach dem Studium treibt Ammann ihre Tätigkeit im Forschungsprojekt mit viel Herzblut voran und sprüht regelrecht vor Tatendrang. Sie ist in das Forschungsprojekt DigiSelF eingebunden, in dem Forschende aus allen Fachdisziplinen der Universität Paderborn Erfahrungen der digitalen Distanzlehre nutzen, um moderne Konzepte für das Lernen, Lehren und Prüfen zu entwickeln. In ihrem Teilprojekt entwickelt Ammann zusammen mit ihren Kolleg*innen am Lehrstuhl für Wirtschafts- und Berufspädagogik sowie aus der Psychologie ein hochschuldidaktisches Programm zur Auseinandersetzung mit Fachkulturen und impliziten Aspekten fachkulturell bedingter akademischer Praktiken. Es geht um die unsichtbaren Spielregeln eines Fachgebiets. Welche Leistungsbewertungskriterien werden zum Beispiel in der Physik, welche in den Wirtschaftswissenschaften angewendet? Welche Unterrichtspraktiken und pädagogischen Denkmuster gibt es in der Psychologie oder im Maschinenbau? Studentische Culture Fellows setzen sich im Rahmen einer Ausbildung mit den impliziten Spielregeln der Fachgebiete auseinander und begleiten Veranstaltungen und Lerngelegenheiten der Studieneingangsphase. Die Culture Fellows vermitteln dabei zwischen Studierenden und Lehrenden, indem sie helfen, die unausgesprochenen, fachspezifischen Praktiken wahrzunehmen und zu erschließen. Damit sollen die sogenannten Spielregeln für Studierende zugänglich gemacht werden und langfristig soll das Projekt Impulse zur Weiterentwicklung von Studienangeboten liefern, um Hürden und Ungleichheiten entgegenzuwirken. Ammann beschäftigt sich im Rahmen ihrer Dissertation unter anderem mit der Evaluation der Ausbildung der studentischen Culture Fellows.
„Eine Promotion ist womöglich für jede Person eine Challenge“, vermutet Ammann. Gleichzeitig betrachtet sie ihr Promotionsstudium sowie die Mitarbeit an dem Forschungsprojekt als eine Chance, weiter zu wachsen und nach ihrem abgeschlossenen Studium Teil des universitären Lebens zu bleiben. Ammann hat im Forschen, Lernen und Lehren an der Universität Paderborn ihre große Leidenschaft gefunden und brennt für ihren Forschungsschwerpunkt – wenngleich ihr auch nicht immer alles „locker flockig von der Hand geht.“ Trotz der Herausforderungen genießt Ammann das „besondere Feeling“ an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften. Einen konkreten Plan verfolgt sie dabei momentan noch nicht. Stattdessen versucht die junge Forscherin, den Weg zwischen freier Wirtschaft und einer wissenschaftlichen Karriere kennenzulernen: „Ich werde die nächsten Jahre einfach mal schauen, wohin es mich treibt und wofür ich brenne.“ Diese Einstellung hat für Ammann bisher gut funktioniert und sie unter anderem zu ihrer „richtigen Universität“ geführt. Sie ist sich sicher, dass sie ihr Weg auch ohne einen konkreten Plan an die richtigen Stationen bringen wird: „In meiner Schulzeit habe ich immer erwartet, dass nach dem Studium das Gefühl entsteht, fertig zu sein. Doch es öffneten sich immer neue Türen und mittlerweile bereitet es mir große Freude neues zu lernen und mich ständig weiterzuentwickeln.“
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