In einer Zeit, in der Transparenz und Regulierung die Finanzwelt maßgeblich prägen, bringt Prof. Dr. Jan Riepe als neuberufener Professor für Finanzwirtschaft und Unternehmensrechnung innovative Perspektiven an die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften. Seine Forschung beschäftigt sich mit Fragen von Transparenz, Regulierung und deren weitreichenden Auswirkungen auf Unternehmen und Gesellschaft sowie mit der Bedeutung von Diversität in Führungsgremien. Mit diesen Themen setzt er neue Akzente an der Fakultät. „Mich fasziniert, wie man durch empirische Analysen gesellschaftlich relevante Fragen beantworten kann und wie diese Erkenntnisse die Realität besser erklärbar machen“, beschreibt Prof. Riepe seine Motivation.
Geprägt von der Finanzkrise – eine entscheidende Weichenstellung
Geboren im rheinischen Neandertal zog es Jan Riepe für sein Studium der Betriebswirtschaftslehre nach Mannheim. Internationale Erfahrungen sammelte er während Auslandssemestern in Indien und Polen. Ein prägender Einschnitt zu Beginn seiner Berufslaufbahn kam 2008 mit der globalen Finanzkrise, als er im Risikomanagement in Frankfurt arbeitete. „Ich habe gemerkt, dass das, was ich während des Studiums gelernt hatte, nicht ausreichte, um die komplexen Dynamiken der Finanzkrise zu verstehen. Das hat mich zurück an die Uni gebracht“, erinnert sich Riepe.
Seine Promotion führte ihn von Konstanz nach München an die LMU, wo er sich intensiv mit den Grundlagen und Mechanismen hinter der Krise beschäftigte. „Warum gehen Banken wie Lehman Brothers pleite, während andere gerettet werden? Warum reagieren Sparer*innen so emotional auf abstrakte Buchwertanpassungen? Das zu verstehen, war mein Antrieb“, erklärt er.
Nach einer Juniorprofessur in Tübingen verbrachte er 2021 ein Jahr in Paderborn und war beeindruckt von der kooperativen Atmosphäre an der Fakultät: „Hier wird Zusammenarbeit großgeschrieben. Man begegnet sich auf Augenhöhe und arbeitet gemeinsam an Lösungen, ohne Ellenbogenmentalität.“
Transparenz, Regulierung und gesellschaftliche Dynamiken
Ein zentraler Aspekt seiner Forschung ist die Wirkung von Transparenz in der Finanzwirtschaft. Gemeinsam mit internationalen Kolleg*innen analysiert er, wie regulatorische Schwellenwerte Unternehmensentscheidungen beeinflussen. Besonders spannend findet er, dass diese Schwellenwerte häufig unbeabsichtigte Folgen haben: „Banken, die knapp unterhalb einer Schwelle bleiben, lehnen vermehrt Kredite ab – und oft trifft es die Schwächsten der Gesellschaft, die ohnehin weniger Zugang zu Finanzierung haben.“ Seine Forschung zeigt, dass diese Mechanismen nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale Konsequenzen haben, etwa für Armut und Gründungsaktivitäten.
In einem weiteren Projekt widmet sich Prof. Riepe dem Rückgang von Lokalzeitungen. Er untersucht, wie deren Verschwinden die Wahrnehmung gegenüber Minderheiten und wirtschaftliche Entscheidungen verändert. „Wenn Lokalzeitungen sterben, wird die soziale Kohäsion geschwächt, was wiederum Auswirkungen auf Kreditentscheidungen und den Zusammenhalt in der Gesellschaft hat“, erklärt er.
Ein dritter Schwerpunkt ist die Gender-Diversity-Forschung. Hier untersucht er, wie gesetzliche Frauenquoten die Entscheidungsqualität und Umweltleistungen in Unternehmen beeinflussen. „Diversität ist ein großer Hebel für bessere Entscheidungen und nachhaltigere Ergebnisse in Unternehmen“, betont er.
Seine Forschung ist methodisch anspruchsvoll, nutzt umfangreiche Daten und innovative Ansätze. Oft arbeitet er mit sogenannten „natürlichen Experimenten“, bei denen äußere Veränderungen wie neue Gesetze oder unerwartete Ereignisse beobachtet werden, um deren Auswirkungen zu analysieren. „Mich reizt es, die Realität zu verstehen und empirisch zu belegen, wie wirtschaftliche Mechanismen wirken.“
Lehre als Raum für Begeisterung und kritisches Denken
Neben der Forschung ist Prof. Riepe auch die Lehre ein großes Anliegen. „Lehre bedeutet für mich nicht nur, Wissen und Kompetenzen zu vermitteln, sondern vor allem, Interesse und Begeisterung zu wecken. Studierende sollen nicht nur lernen, wie ökonomische Modelle funktionieren, sondern auch, wo deren Grenzen liegen und wie sie in der Praxis angewandt werden können“, erklärt er. Besonders wichtig ist ihm, die Studierenden auf die dynamische Arbeitswelt vorzubereiten und sie dafür zu sensibilisieren, wie sich wirtschaftliche Entscheidungen auf die Gesellschaft auswirken.
In seinen Vorlesungen regt Prof. Riepe dazu an, alle Facetten wirtschaftswissenschaftlicher Theorien zu hinterfragen. „Ich möchte, dass die Studierenden die Fähigkeit entwickeln, ökonomische Zusammenhänge kritisch zu durchleuchten und mit den Herausforderungen der Praxis umzugehen.“
Klettern, Familie und Paderborner Perspektiven
Abseits von Forschung und Lehre genießt Prof. Riepe die Zeit mit seiner Familie. Als Vater von zwei Kindern haben sich seine Hobbys in den letzten Jahren verändert. „Früher war ich oft auf Reisen, inzwischen freue ich mich, alte Leidenschaften wie das Bouldern und Klettern wiederzuentdecken. Paderborn bietet dafür wunderbare Möglichkeiten.“
Mit seinem internationalen Erfahrungsschatz, innovativen Forschungsprojekten und seiner Begeisterung für die Lehre bereichert Prof. Dr. Jan Riepe die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften. Seine Arbeit trägt dazu bei, aktuelle Themen der Finanzwirtschaft besser zu verstehen und Lösungsansätze für die Praxis zu entwickeln.