„Wir sind glücklich, dass Sie den Weg von Nürnberg nach Paderborn gefunden haben.“ Mit diesen Worten begrüßte die Dekanin der Paderborner Fakultät für Wirtschaftswissenschaften Prof. Dr. Caren Sureth-Sloane die neue Lehrstuhlinhaberin für Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung an der Universität Paderborn, Prof. Dr. Nicole Kimmelmann. Mit ihrer Antrittsvorlesung zum Thema „Arbeit 4.0: Wirtschaftspädagogische Perspektiven auf die Arbeitswelt von morgen“ am 19.04.2017 skizzierte die 39-jährige relevante Forschungsfragen und -projekte, mit denen sie sich rund um das hoch aktuelle Thema beschäftigt.
Die vier Treiber und Trends der Arbeitswelt 4.0 – Digitalisierung, Globalisierung, Demographische Entwicklungen und kultureller Wandel dienten Nicole Kimmelmann dabei als Struktur eines Streifzuges durch die Spannungsfelder der Arbeitswelt von morgen. Wie wird sich beispielsweise die Beschäftigungsbilanz mit Blick auf einzelne Arbeitnehmergruppen durch die Digitalisierung verändern? Werden neue technische Möglichkeiten zu einer menschenzentrierten oder einer technikzentrierten Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine führen. Hier zeigen sich für die Wirtschaftspädagogin auch spannende Fragen im Zusammenhang mit Dequalifizierung versus Qualifikationserweiterung und Inklusion oder Exklusion von Arbeitnehmern, je nachdem ob technische Assistenzsysteme entsprechend der Bedürfnisse der Arbeitskräfte sinnvoll eingesetzt werden. Dann ist Digitalisierung sogar für die Förderung und Kompetenzentwicklung von Arbeitnehmern sinnvoll einsetzbar.
Angesichts der besonderen Rolle Deutschlands in der globalisierten Wirtschaft wird sich Nicole Kimmelmann auch weiterhin mit Fragen des Diversity Managements auseinandersetzen. Während in ihrer Dissertation der Bereich der Aus- und Weiterbildung im Mittelpunkt stand, werden es jetzt vor allem Fragen sein, die auf den Umgang mit soziokultureller Vielfalt in Unternehmen zielen, beispielsweise die Führung von multinationalen Teams.
Mit Blick auf den Zusammenhang zwischen Demographie und Arbeitskräfteangebot legte Nicole Kimmelmann in ihrem Vortrag einen Schwerpunkt auf drei Aspekte: Alter, Migration und Qualifikationsniveau. Zu allen drei Bereichen werden derzeit bereits Forschungsfragen von ihrem Team und betreuten Studierenden bearbeitet. Beispielsweise: „Wie kann sichergestellt werden, dass erfahrene und motivierte Arbeitnehmer bis zum Eintritt der Rente leistungsfähig bleiben und ihr Wissen an nachfolgende Arbeitnehmer/innen weitergegeben wird?“ Im Rahmen des vom DAAD finanzierten Projektes InRegio geht es um die Unterstützung internationaler Studierender der Universität Paderborn beim Einstieg in das Berufsleben vor Ort in der Region. Das Projekt „Integriertes Fach- und Sprachlernen in beruflichen Qualifizierungsmaßnahmen“ unterstützt hingegen Lehrende, die zugewanderte Ärztinnen/Ärzte und Pflegefachkräfte fit für den deutschen Arbeitsmarkt machen.
Der kulturelle Wandel schließlich, so führte Kimmelmann weiter aus, der mit den gestiegenen Ansprüchen einer komplex vernetzten Arbeitnehmerschaft einhergehe, stelle ebenfalls völlig neue Anforderungen an die Gestaltung der Arbeit. Man müsse sich auf flexible Arbeitsorganisationen, -inhalte-, zeiten-, -plätze und –mittel einstellen, dabei spielten Wünsche der Arbeitnehmer nach Demokratisierung, Selbstorganisation, Work/Life-Balance und Selbstverwirklichung eine zunehmend wichtige Rolle. Anforderungen der Arbeitswelt 4.0 machen aber auch vor der Führung nicht halt. Neue Führungskonzepte, wie agile Führung, Transformationale Führung, Digital leadership und partizipative Führung werden Themen sein, mit denen sich zukünftige Personalentwickler auseinandersetzen müssen. Und auch die Aus- und Weiterbildung steht vor neuen Herausforderungen mit Blick auf die skizzierten Treiber und Trends.
Passende Fragen dazu lieferte die neue Wirtschaftspädagogik-Lehrstuhlinhaberin gleich mit: „Wie lassen sich in Schule, Universität und Unternehmen inklusive Rahmenbedingungen schaffen, die es jedem ermöglichen eine individuelle Bewältigungskompetenz für ein lebenslanges Lernen und Arbeiten aufzubauen? Wie lassen sich Innovationsgeist, Neugierde und Kreativität in Ausbildung, Studium und Beruf fördern? Wie lassen sich bereits in Ausbildung und Studium notwendige Kompetenzen für ein lebenslanges Lernen mit neuen Medien trainieren?
Zusammenfassend verdeutlichte Kimmelmann ihre Forschungsschwerpunkte als Aufbau einer individuellen und organisationalen Bewältigungskompetenz für den Übergang in die Arbeitswelt 4.0. Spannungsfelder tun sich auf bei der Frage, ob die mit Arbeit 4.0 verbundenen Möglichkeiten für eine Flexibilisierung, Innovation und Inklusion im Arbeitsleben genutzt werden, oder die skizzierten Treiber eher zu einer Entfremdung und Exklusion führen werden. Hier gilt es von Unternehmen und Arbeitnehmern die Rahmenbedingungen gemeinsam zu setzen.
Die Herausforderungen der „Arbeit 4.0“ sind damit gestellt. Mit Blick auf die zahlreich erschienenen Wissenschaftler der Paderborner Wirtschaftspädagogik und der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften gilt es nun, die Antworten zu finden.