Industrie 4.0 braucht Berufsbildung 4.0
Paderborner Forscher um den Wirtschaftspädagogen Prof. Dr. Peter F. E. Sloane und Projektkoordinator Dr. Elmar Janssen haben die Notwendigkeit erkannt, der rasanten Entwicklung der Industrie 4.0 nun die Berufsbildung 4.0 folgen zu lassen – mit tiefgreifenden Konsequenzen nicht nur für die Beschäftigten, sondern vor allem für Lehrende in Berufskollegs, Ausbilder in Betrieben und Prüfer in den örtlichen Kammern. In dem Projekt „Qualifizierung des beruflichen Ausbildungs- und Prüfungspersonals als Gelingensbedingung für die Berufsbildung 4.0“, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, untersuchen die Paderborner Bildungsexperten, wie alle Beteiligten auf die Digitalisierungsprozesse vorbereitet werden können.
Nicht erst seit gestern macht die Digitalisierung der Arbeitswelt enorme Fortschritte. Konsequente, allumfassende Vernetzung und interaktiver Austausch in Echtzeit verändern im Zeichen von Industrie 4.0 die Produktion in all ihren Facetten – von der Planung über die Steuerung bis hin zu Fertigung und Distribution. Während die Fabrik der Zukunft immer konkretere Formen annimmt, hinkt dagegen die Entwicklung der beruflichen Bildung im Geist des 20. Jahrhunderts hinterher - obwohl sich Berufsbilder ähnlich rasant verändern wie die Produktion. Das wollen die Paderborner Wirtschaftspädagogen ändern.
Prof. Dr. Peter F. E. Sloane skizziert Problemstellung und Ausgangsfrage des Projekts: „Unter dem Stichwort Digitalisierung untersuchen wir zunächst die Veränderungen, die sich aufgrund der rasanten Entwicklungen in den Informations- und Kommunikationstechnologien in Wirtschaft und Gesellschaft ergeben. Diese Veränderungen in der modernen ’Cyber physical factory’ beziehen sich letztlich auf das Verhältnis von ‚intelligenten’ technischen Objekten auf der einen und menschlicher Aufgabenbewältigung auf der anderen Seite. Im Trend zeigt sich eine Verlagerung von humanen Arbeitsteilen auf technische Systeme mit dem Abbau repetitiver Tätigkeiten oder Routinen und dem Aufbau kontrollierender Tätigkeiten durch den Menschen.“
Typische Herausforderungen für die arbeitenden Menschen im Zeichen von 4.0 sind Prozesswissen, Problemerkennung und ‚trouble shooting’, Generalisten- und Expertenwissen, Beherrschung sozial-kommunikativer Kompetenzen, höhere Theorieanforderungen, lebenslanges Um- und Neulernen und möglichst unternehmerisches Denken. Sloane verweist angesichts dieser Mammutaufgaben auf den bestehenden Mangel, wonach es eine Fokussierung auf die Entwicklung der beruflichen Ausbilder, die zugleich die relevanten Handlungsebenen „Bildungsmanagement“ und „didaktische Gestaltung“ in den Blick nimmt, (noch) nicht gebe. Hier setzt nun aktuell die Forschungs- und Entwicklungsarbeit der Paderborner Wirtschaftspädagogen unter der Fragestellung an: Wie verändern sich die Arbeitsorganisationen innerhalb der Mensch-Maschinen-Beziehungen (cyber-physical systems) und welche Konsequenzen ergeben sich durch die Digitalisierung für die pädagogische Arbeit in den Schulen und Betrieben?
Das Förderprojekt läuft seit Anfang November 2017 und hat eine Laufzeit von neun Monaten.
Dr. Reinhard Schwarz
Foto frei zum Abdruck: Uni Paderborn