Aktuelle Forschungsprojekte der Professur für Wirtschafts- und Berufspädagogik, insbes. Mediendidaktik und Weiterbildung

Mit Blick auf die Erfahrungen der Distanzlehre in der Coronapandemie wurde das Projekt DigiSelF (Digitalisierung als Herausforderung und Innovation in der Hochschullehre) initiiert, um Potenziale digitaler Lehrkonzepte zu nutzen und gleichzeitig Gefahren digitaler Distanzsettings zu begegnen. Zielsetzung ist es die Erfahrungen aufzugreifen und Konzepte für das Lernen, Lehren und Prüfen in komplexen, hybriden Lehr- und Lernsituationen (weiter-) zu entwickeln. Im Rahmen von 6 Arbeitspaketen sind alle Fakultäten der Universität beteiligt. Die Verantwortung für die wissenschaftliche Begleitung, Evaluation sowie den Transfer trägt die Professur von Prof. Dr. Tobias Jenert. Im Rahmen des Projekts DigiSelF beschäftigen wir uns am Lehrstuhl von Prof. Dr. H.-Hugo Kremer in einem Arbeitspaket gemeinsam mit Kolleginnen aus der Psychologie mit der Entwicklung eines Programms studentischer Culture Fellows.

Sukzessiv zu einem (stetigen) Diskurs um einen Wandel in Studium und Lehre hat auch die Distanzlehre neue Wege aufgezeigt. Eine zunehmend heterogene Studierendenschaft fordert zur Individualisierung der Lern- und Studienangebote auf. Erkennbar ist auch, dass Anforderungen an Selbstorganisation und -steuerung zunehmen. Vor diesem Hintergrund sind Fachkulturen und implizite Fachpraktiken relevant. Diese prägen den Studienalltag und können Studierende unterschiedlicher Gruppen den Studienalltag erschweren und zu Hürden sowie Ungleichheiten führen. Hier setzt das vorliegende Arbeitspaket an. Der Kern des Culture Fellow-Programms sind die impliziten Aspekte fachkulturell bedingter akademischer Praktiken.

Im Rahmen der Ausbildung erfahrener Studierender zu Culture Fellows findet eine Auseinandersetzung mit fachspezifischen Besonderheiten respektive Herausforderungen in der Studieneingangsphase statt. Auf Grundlage einer umfassenden Ausbildung begleiten die Culture Fellows Veranstaltungen und Lerngelegenheiten der Studieneingangsphase. Im Rahmen von Ausbildung und Einsatz ist die Identifizierung von/und Sensibilisierung für implizite Fachpraktiken zentral. In der Rolle als Vermittelnde fungieren Culture Fellows zwischen Lehrenden und Studierenden, indem sie gemeinsam über fachkulturelle Irritationsmomente reflektieren und implizite Wissensbestände diskutieren.

Dieses Konzept soll Impulse zur Weiterentwicklung der Studienangebote liefern und Anpassung als einen wechselseitigen gelebten Prozess implementieren.

Das cevet, vertreten durch den Lehrstuhl für Wirtschafts- und Berufspädagogik, beschäftigt sich seit mehreren Jahren mit Fragen einer inklusiven Berufsbildung. Diese Erfahrungen sind Basis für die Kooperation mit der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger oder anderer Behinderung Kreisverband Paderborn e.V., im Rahmen des von AktionMensch über fünf Jahre geförderten Projektes „Entwicklung von Angeboten und Unterstützungsleistungen im Bereich Arbeit zur Beschäftigung von Menschen mit geistiger Behinderung und Menschen mit komplexem Unterstützungsbedarf auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt“.

Die Zielsetzung der Lebenshilfe Kreisverband Paderborn e.V. ist es in diesem Projekt, insbesondere für Menschen mit geistiger Behinderung und Menschen mit komplexem Unterstützungsbedarf, Angebote und Unterstützungsleistungen für Beschäftigung auf dem lokalen, allgemeinen Arbeitsmarkt zu entwickeln. Diesen Weg möchte die Lebenshilfe e.V. mit den Menschen gemeinsam vorbereiten, planen und umsetzen und dafür partizipative Methoden einsetzen und weiterentwickeln. Mit Kooperationspartnern wie der Universität Paderborn, sollen Arbeitgeber sensibilisiert und gewonnen werden, um den Zugang für Menschen mit Behinderung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu erleichtern und diese in angemessene, personenorientierte Beschäftigungsverhältnisse zu bringen. Hierzu wird langfristig ein Betriebspool mit branchenverschiedenen Betrieben und Unternehmen im Lokalraum Kreisgebiet Paderborn aufgebaut und es werden zielgruppenadäquate Unterstützungsleistungen konzipiert. Aufklärung der genannten Zielgruppen über die Möglichkeiten zur Teilhabe an Arbeit ist außerdem eine Zielsetzung der Lebenshilfe e.V.

Auf Seiten des Lehrstuhls für Wirtschafts- und Berufspädagogik sind die Ziele dieser Kooperation die Gewinnung von Erkenntnissen über den lokalen Arbeitsmarkt im Kontext der Beschäftigungschancen für Menschen mit geistiger Behinderung und Menschen mit komplexem Unterstützungsbedarf sowie entsprechende Gelingens- und Rahmenbedingungen aus der Perspektive lokaler Arbeitgeber. Ein weiteres Ziel ist hierbei einen Fort- und Weiterbildungsbedarf in diesem Kontext auf Seiten der Betriebe herauszustellen und entsprechende Formate zu entwickeln. Mit diesen Zielen einher geht das Interesse an adäquaten Arbeitsplatzanalysen für diese Zielgruppe sowie an förderbezogenen individualisierbaren Dokumentationsformaten für die Übergangsphase Schule-Beruf sowie für eine weitere Begleitung im neuen Arbeitsumfeld. Die wissenschaftliche Begleitung reagiert hier grundsätzlich auf die sich im Projektverlauf ergebenden Erkenntnisse und Fragestellungen.

Die ‚Forschungsstelle Ausbildungsvorbereitung‘ (3iAV) ist Ergebnis vorhergehender Forschungs- und Entwicklungsprojekte, insbesondere sind hier die Innovationsarena 3i, InBig und QBi zu nennen. Die langjährigen Kooperationen mit dem Ministerium für Schule und Bildung des Landes NRW (MSB NRW) und den Bezirksregierungen werden für die Aktivitäten der Forschungsstelle 3iAV genutzt und weiter ausgebaut. Dies äußert sich insbesondere in der Ausarbeitung und dem Angebot von Weiterbildungsreihen für das Fachpersonal der Ausbildungsvorbereitung. Hier kann auf aktuelle Bedarfe in diesen Bildungsgängen reagiert und Praxisprobleme in Forschungsaktivitäten aufgenommen werden. Hierbei steht der Geist der 3 „i“ individuelle Förderung, inklusive Bildungsarbeit und soziale Integration weiterhin im Mittelpunkt.

Über die genannten Kooperationen mit dem MSB NRW und den Bezirksregierungen in NRW kann eine Zusammenarbeit mit Berufskollegs aus ganz Nordrhein-Westphalen als Praxispartner hergestellt werden. Die ausgewählten Berufskollegs wirken durch die standortspezifischen Erprobungsschleifen des jeweiligen Rahmenkonzeptes aktiv an einer Entwicklung verschiedener Produkte mit, was einen gegenseitigen Mehrwert darstellt. Produkte können in diesem Fall sowohl beispielsweise standort- und bildungsgangspezifische Projekte, übergreifende Weiterbildungsformate oder auch Methoden zur Kompetenzerfassung sein. Über die Bezirksregierungen und das MSB NRW werden Zwischenstände der Entwicklungen mit weiteren Praxisakteuren diskutiert, Diskussionsergebnisse in die Weiterentwicklung einbezogen und eine Verbreitung und ein Transfer der Ergebnisse sicher gestellt.

Kontakte Dr. Heike Kundisch
Prof. Dr. H.-Hugo Kremer
Link Cevet

Selbstinszenierungspraktiken als Zugang zu einer selbstbestimmten, multimodalen Kompetenzfeststellung für (aus-) bildungsbenachteiligte Jugendliche

Ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt im Rahmen der Fördermaßnahme ‚Inklusive Bildung‘ im Förderbereich ‚Förderbezogene Diagnostik in der inklusiven Bildung‘ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Im Zentrum von SeiP stehen Jugendliche mit Benachteiligungen und /oder Behinderungen am Übergang Schule-Beruf. Der Projektschwerpunkt liegt auf dem Aspekt der förderorientierten Kompetenzerfassung. Diese wird in SeiP stärken- bzw. ressourcenorientiert ausgerichtet und in den Alltag des Bildungspersonals integrierbar gemacht. Die Prinzipien Selbststeuerung und Selbstbestimmung sind zentral. Multimodale, d.h. insbesondere offene und kreative Selbstdarstellungs- und Erhebungsformate, sollen es den Jugendlichen ermöglichen, ihre Stärken zum einen zu ergründen und zum anderen sichtbar zu machen. Die Kompetenzerfassung wird durch diese beiden Schritte selbst zum Entwicklungs- bzw. Lernprozess. Lehrende und betriebliche Akteure werden von uns bei der Dokumentation, Rezeption und Nutzung der Ergebnisse über ein integriertes Weiterbildungsformat unterstützt. Es geht uns schließlich um die sinnvolle Einbindung der Selbstinszenierungsformate in Lern- und Entwicklungsprozesse sowie ihre anschlussfähige Aufarbeitung für Prozesse des Übergangs in Ausbildung und Arbeit und damit um berufliche und gesellschaftliche Teilhabe.

Die Umsetzung erfolgt in Kooperation der Lehrstühle von Prof. Dr. H.-Hugo Kremer (Lehrstuhl für Wirtschafts- und Berufspädagogik, insbes. Mediendidaktik und Weiterbildung, Universität Paderborn), Prof. Dr. Désirée Laubenstein (Lehrstuhl für sonderpädagogische Förderung und Inklusion mit Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung, Universität Paderborn) und Prof. Dr. Petra Frehe-Halliwell (Lehrstuhl für Wirtschaftspädagogik an der Friedrich-Schiller-Universität Jena) sowie in Kooperation mit Akteuren aus Bezirksregierungen und Berufskollegs aus Nordrhein-Westfalen und der Lebenshilfe für Menschen mit geistiger oder anderer Behinderung Kreisverband Paderborn e.V.

Forschungsbegleitung des Innovationswettbewerbes „Zukunft gestalten – Innovationen für eine exzellente berufliche Bildung (InnoVET)“

ITiB verfolgt das Ziel, projektübergreifende Anforderungsstrukturen im Zuge einer digitalen Transformation zu bestimmen und Kompetenzprofile für das Bildungspersonal in der beruflichen Bildung aufzuarbeiten. Hierzu werden die Innovations- und Entwicklungsprozesse von 17 Modellprojekten in den Blick genommen, die seit 2020 im Rahmen des Innovationswettbewerbes InnoVET innovative Qualifizierungsangebote für die berufliche Bildung erarbeiten und erproben. Die Entwicklung der Konzepte erfolgt unter dem Motto „Zukunft gestalten – Innovationen für eine exzellente berufliche Bildung“ und wird mit einem Gesamtvolumen von 82 Millionen Euro bis 2024 vom BMBF gefördert. Der Forschungsschwerpunkt von ITiB liegt in diesem Kontext auf der Gestaltung von Innovationsprozessen und deren Transfer sowie einem grundlegenden Verständnis entsprechender zugrundeliegender Prozesse. Erkenntnisse, Konzepte und prototypische Entwicklungen aus den InnoVET-Projekten sollen für die Berufsbildung insgesamt zugänglich gemacht werden. Dabei wird u. a. dem Ansatz eines Design-Based Researchs gefolgt, in dessen Mittelpunkt die Identifikation relevanter Gestaltungsmerkmale in Entwicklungsvorhaben, die (Mit-)Gestaltung von Innovations- und Transferprozessen und die Generierung von gestaltungsbasierten Erkenntnissen steht.

Das Projekt ITiB wird von den Professoren des Departments Wirtschaftspädagogik an der Universität Paderborn gemeinsam getragen. So beteiligen sich Prof. Dr. H.-Hugo Kremer (Wirtschafts- und Berufspädagogik, insbes. Mediendidaktik und Weiterbildung), Prof. Dr. Marc Beutner (Wirtschaftspädagogik und Evaluationsforschung), Prof. Dr. Tobias Jenert (Hochschuldidaktik und -entwicklung) und Prof. Dr. Peter F. E. Sloane (Wirtschafts- und Sozialpädagogik) mit ihrer jeweiligen Expertise an dem Forschungsvorhaben und bringen damit einen äußerst breiten Erfahrungshintergrund in Hinblick auf berufs- und wirtschaftspädagogische Transferprozesse ein. Die operative Projektgestaltung und -umsetzung erfolgt durch eine am Department Wirtschaftspädagogik verankerte Nachwuchsgruppe, die von Dr. Desiree Daniel-Söltenfuß und Dr. Marie-Ann Kückmann kooperativ geleitet wird.