VOLL DRIN IM LE­BEN: POL­NI­SCHE WOHN­HEI­ME, TRA­DI­TI­O­NEN UND GE­HEIM­TIPPS

Warum sich Polen für Linda als echter Glücksgriff herausstellte

Das Wintersemester 2022/23 verbrachte Linda Radtke in Posen. Eine große Leidenschaft für Fremdsprachen und andere Kulturen begleitet sie schon seit ihrer Schulzeit, weshalb Polen nicht ihre erste Auslandserfahrung war. Obwohl Linda eigentlich ganz andere Pläne für ihr Auslandssemester hatte, empfiehlt sie die Wirtschaftsuniversität Poznań allen Auslandsinteressierten.

Unverhofft kommt oft: Zwischen den über 70 bestehenden Kooperationen mit renommierten Universitäten weltweit wählte Linda zunächst Moskau und Paris als priorisierte Standorte aus. „Die Zusage für Moskau habe ich dann auch direkt erhalten, aber aufgrund der aktuellen Umstände zerplatze meine Vorstellung von einem Semester in Russland von heute auf morgen“, erinnert sie sich. Deshalb erhielt Linda kurzerhand einen Platz in Paris. Jedoch war sie dort für den Bachelor gemeldet und hätte entsprechend keine Masterkurse wählen oder sich anrechnen lassen können. „Die Anmeldefristen waren nahezu überall ausgelaufen, weshalb ich mich nur noch an wenigen Unis nachmelden konnte“, erklärt sie ihre Wahl für die Wirtschaftsuniversität Poznań.

„Richtig drin im Leben“

Die ersten Auslandserfahrungen sammelte Linda bereits zu Schulzeiten in Amerika und anschließend im IBS-Bachelorstudium in Spanien. Dort hatte sie ausschließlich Kontakt zu Austauschstudierenden oder anderen Deutschen, sodass sie gar nicht so sehr im alltäglichen Leben drin gewesen sei. In Polen war das ganz anders: „Ich habe im Wohnheim gewohnt und hatte täglich Kontakt mit einheimischen Studierenden“, denkt Linda an gemeinsame Koch- oder Spielabende zurück. Zudem knüpfte sie noch vor ihrer Anreise Kontakt zu einem „Buddy“ an der Wirtschaftsuniversität Poznań, der ihr beim Einzug ins Wohnheim half, sie mit allen Infos versorgte und ihr die Anfangszeit erleichterte. Die Kurswahl erfolgte dann super unkompliziert: Linda gab im Vorfeld an, welche Kurse sie gerne besuchen würde und wurde in alle direkt eingeschrieben. Das läuft also anders als in Deutschland.

Wohnheim, Ausflüge und polnisches Essen

Und auch generell hat Linda ihre Austauschuni als sehr organisiert und strukturiert in Erinnerung behalten: „Wer sich für Posen entscheidet, muss gar nicht viel planen, weil einem super viel abgenommen wird“, nennt sie nur einen Vorteil. So konnte die 24-Jährige schon während ihrer Einschreibung angeben, dass sie einen Platz im Wohnheim belegen möchte – dieser wurde ihr anschließend dann direkt zugeteilt. Dort wohnte sie mit einer anderen Studentin zusammen in einem Zimmer und teilte sich mit noch zwei weiteren Studierenden ein Bad. Jede Etage teilte sich zudem zwei Küchen und einen großen Waschraum, sodass Linda ganz einfach Kontakte knüpfen konnte. „Für das Wohnheim habe ich gerade einmal 150 Euro im Monat bezahlt und hatte keinerlei Stress bei der Wohnungssuche“, was viel dazu beitrug, dass sich Linda über die ganze Zeit wohlfühlte in Posen. Und auch umliegende Städte wie Krakau oder Warschau haben es der Studentin angetan, sodass sie an Wochenenden oftmals gemeinsam mit anderen Studierenden mit dem Zug Ausflüge unternahm – denn auch das ist supergünstig in Polen. Vom ESN (dem Erasmus Student Network) wurde zum Beispiel ein dreitägiger Ausflug nach Krakau organisiert. Der erste Tag startete mit einer Stadtführung entlang beeindruckender Kirchen oder des Wawel-Schloss mit dem Wawel-Drachen. „Am zweiten Tag haben wir das KZ Auschwitz besucht. Dies war natürlich sehr bedrückend, trotzdem würde ich es bei einem Ausflug nach Krakau unbedingt weiterempfehlen“, berichtet Linda. Hierfür hat die Gruppe die Stadt verlassen, um auch die Umgebung zu erkunden. Abends ging es dann aber wieder zurück, um an einer Pub Crawl – also Kneipentour – teilzunehmen. Den Ausflug nach Warschau unternahm Linda dann mit ihren Freund*innen hingegen auf eigene Faust: Auch hier klapperten sie Seightseeing Spots wie den Kulturpalast ab. Als besonderes Highlight hat Linda hier ein Besuch in einer der vielen Bar Mleczny (Milchbar) in Erinnerung behalten. Zu vergleichen sind diese mit einem deutschen Schnellimbiss, sodass Linda sehr kostengünstig typisches polnisches Essen probieren konnte. Das Besondere an den „Milchbars“ ist, dass sie traditionell einen Ort für alle Menschen darstellen, also  Politiker*innen, Künstler*innen, Touristen, Student*innen oder auch Obdachlose. Sie bestechen auch heute noch durch ihren Retrostil in Einrichtung und Wandfliesen, das die traditionelle Küche widerspiegeln soll.

Erfahrungen – auch über das Studium hinaus

An der UPB studiert Linda bereits seit einigen Jahren – zunächst IBS im Bachelor und mittlerweile BWL im vierten Mastersemester. Der Wechsel ermöglichte ihr eine Fokussierung auf den Schwerpunkt Marketing und eine weitere Vertiefung der wirtschaftlichen Kompetenzen. In ihrer Masterarbeit wird sie sich mit der physischen Aktivität beschäftigen und möchte anschließend im Marketing Fuß fassen. Die physische Aktivität wird in Lindas Masterarbeit anhand von Schrittzahlen gemessen. „Grob gesagt wird anhand eines Experimentes untersucht, ob durch ein gewisses Treatment die physische Aktivität erhöht werden kann“, erzählt sie von ihren ersten Ideen. Und neben den fachlichen Kenntnissen begleiten Linda auch ihre Auslandserfahrungen nach wie vor: „Ich habe meinen Horizont erweitert und so viele Menschen und Lehrweisen kennengelernt“, weiß sie um die Vorteile eines Auslandssemesters – auch über das Studium hinaus. Aber was war Lindas Highlight in Posen? „Was Posen an sich jedoch für mich ausgemacht hat, waren eindeutig die Leute und die tolle Stimmung vor Ort. Egal wo und wann, es war immer etwas los in der Stadt, sodass nie Langeweile aufgekommen ist.“ Kein Wunder also, dass Linda im Sommer nochmals zu Besuch in Posen war, um sich mit ihren polnischen Freund*innen aus ihrem Auslandssemester zu treffen.

Was du garantiert noch nicht wusstest:

  • Wie bereits im Beitrag zu den Hidden Champions erwähnt, gibt es in Poznań ein spezielles St. Martins Crossaint, das Rogal Świętomarciński. Dies ist eins der Symbole von Poznań und wird an einigen Ständen in der Stadt auch außerhalb der Martinszeit verkauft. Interessant ist, dass das das echte Croissant nur zertifizierte Hersteller verkaufen dürfen, weshalb die Verwendung des Namens sehr eingeschränkt ist und außerhalb der Region nicht verwendet werden kann.
  • Sucht man nach Souvenirs aus Poznań, findet man überall Ziegen. Das hängt mit einer Tradition zusammen, die man noch heute beobachten kann: Schlendert man über den Marktplatz, fällt einem sofort das beeindruckende Rathaus auf, an dessen Spitze zwei kleine Türen zu sehen sind. Hinter diesen versteckt sich ein Paar Ziegenböcke, die täglich genau um die Mittagszeit zum Vorschein kommen und sich mit ihren Hörnern stoßen, während ein Trompeter sie musikalisch begleitet.
  • Poznań wird von den Einwohner*innen als Hauptstadt der Kartoffel bezeichnet. Die Leute in Poznań sind sogar so verrückt nach Kartoffeln, dass sie sich gelegentlich selber als Pyra bezeichnen, was das regionale Wort für Kartoffel ist.