Institutionentheoretische Analyse moderner Steuerungsinstrumente

Pädagogisches Handeln vollzieht sich in einem institutionalisierten Feld. Derartige Institutionen können als explizite und implizite gesellschaftliche Regeln verstanden werden, die festlegen, was von einem Lehrer, Trainer, Ausbilder usw. erwartet werden kann. Im Anschluss daran stellt sich die sozialwissenschaftliche Frage, wie derartige Institutionen entstehen und von den pädagogischen Akteuren in Schule, Betrieb und anderen Lernorten rezipiert werden.

In diesem Kontext ist insbesondere zu beachten, dass in den letzten Jahren eine Gruppe neuerer Regelungssysteme mit Relevanz für die berufliche Bildung in Deutschland eingeführt wurde, die im Rahmen dieses Forschungsprojekts untersucht werden. Dazu gehören Qualifikationsrahmen wie der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) und der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR), aber auch Bildungsstandards und ein neuer Typus von Curricula, der sich an den Leitideen der ‚Kompetenz- und Lernergebnisorientierung’ ausrichtet. Hier sind z. B. das KMK-Lernfeldkonzept oder die Revision der Ausbildereignungsverordnung (AEVO) zu nennen.

Zu den Forschungsarbeiten, die bisher zu dieser Fragestellung geleistet wurden, zählen u. a.:

  • Eine Analyse zu Instrumenten der Wirkungssteuerung anhand der Basiskonzepte ‚Nationale Bildungsstandards’, dem ‚Lernfeldkonzept’ der KMK und dem ‚Europäischen Bildungsrahmen’. Herausgearbeitet werden vor allem die Besonderheiten, die bei der Übertragung von Bildungsstandards vom allgemeinbildenden Bereich auf die berufliche Bildung zu beachten sind. (Quelle: Sloane, Peter F. E.: Bildungsstandards in der beruflichen Bildung. Wirkungssteuerung beruflicher Bildung. Paderborn 2007.)
  • Eine Studie zu den Grundlagen eines Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR). Ausgangspunkt ist der Kopenhagen-Prozess, durch den zurzeit in Europa nationale Qualifikationsrahmen mit Bezug zu einem Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) entwickelt werden, um so die internationale Vergleichbarkeit von Bildungsabschlüssen zu erhöhen. Hauptaufgabe ist die Entwicklung einer gemeinsamen Sprache und Konzeption zur Beschreibung von Lernergebnissen. In diesem Kontext werden die konzeptionellen und begrifflichen Grundlagen für die Konstruktion eines DQRs analysiert. Es wird ein Perspektivmodell entwickelt, welches sich an das europäische Stufenmodell anlehnt, dabei aber das international anerkannte Leistungspotenzial der deutschen Berufsausbildung berücksichtigt. (Quelle: Sloane, Peter F. E.: Zu den Grundlagen eines Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR). Konzeptionen, Kategorien, Konstruktionsprinzipien. Hrsg.: Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Bonn 2008.)
  • Die Entwicklung eines gesellschaftstheoretischen Analyserahmens zur Exploration von institutionellen Innovationen in der beruflichen Bildung. Hier wurden systemtheoretische, neo-institutionentheoretische und diskurstheoretische Überlegungen zusammengeführt und exemplarisch für die Analyse von narrativen Episoden während der DQR-Entwicklung angewendet. Es kann gezeigt werden, dass Lernergebnissteuerung vor allem zeremoniell eingeführt wird und der DQR in der Praxis wie ein Input-Instrument gehandhabt wird. (Quelle: Sloane, Peter F. E. / Gössling, Bernd: Zur Entkopplung von Input-Faktoren und Outcome-Zeremonien im Diskurs um den Deutschen Qualifikationsrahmen. In: Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik (ZBW), H. 3, Band 108, 2012, S. 329 – 361.)
  • Im Promotionsprojekt von Bernd Gössling wurde umfangreiches empirisches Material zur Entwicklung des DQRs ausgewertet. Dadurch kann expliziert werden, wie ausgehend von latenten, kollektiven Deutungsmustern Entscheidungen für die Konstitution des DQRs getroffen wurden. Es wird deutlich, dass an der Oberfläche ein konsistentes Qualifikationsrahmensystem geschaffen wird, ohne dass bisher die damit verbundenen umfangreichen Ziele, wie die stärkere Berücksichtigung informellen und non-formalen Lernens oder die Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung, erreicht wurden.